"Ausnahme muss und wird zur Regel werden"

Anwalt von BKH-Patient fordert "trotz politischer Widerstände" Freigänge in Straubing

Zum 1. Februar haben der Münchner Rechtsanwalt Dr. Adam Ahmed und sein Kollege David Mühlberger einen begleiteten Freigang für einen Forensik-Patienten aus Lerchenhaid erwirkt. Das hat Politiker in Aufruhr versetzt, in sozialen Netzwerken wird Dr. Ahmed angefeindet. Doch das interessiere ihn nicht, sagt er. 

Straubinger Tagblatt: Ihr Mandant hat am Montag vergangener Woche Freigang in die Stadt erhalten. Ist jetzt der Damm gebrochen und Patienten aus dem BKH müssen gelockert werden - oder handelt es sich aus Ihrer Sicht um eine Ausnahme? 
Dr. Adam Ahmed: Es handelt sich um die erste Lockerung in der Geschichte des BKH Straubing. Ich bin mir natürlich der politischen Widerstände bewusst. Diese Lockerung stellt in der Praxis des BKH Straubing noch eine Ausnahme dar, die jedoch bei rechtstreuer Anwendung des maßgeblichen Gestztes die Regel werden muss und wird. Auch trotz politischer Widerstände. 

OB Markus Pannermayr hat mitgeteilt, Vertreter von Sozialministerium, Bezirk und BKH hätten sich "klar dazu bekannt", dass an der bisherigen Praxis, wonach aus dem Bezirkskrankenhaus Straubing grundsätzlich nicht gelockert wird, festgehalten wird." Ist dies aus Ihrer Sicht rechtlich haltbar?
Zum einen ist das nach meinem Kenntnisstand so nicht richtig. Denn ausschließlich die politischen Interessensvertreter haben sich so geäußert, nicht jedoch die Fachleute. Zum anderen wäre dies natürlich nicht haltbar: Weder entspräche das christlichen Werten, worauf ich deshalb hinweise, weil der OB bei der CSU, noch wäre das gesetzestreu. Vielmehr wäre das die Beteuerung, nicht rechtsstaatlich handeln zu wollen, sondern politische Interessen über ein Gesetz zu stellen. 

Wie geht es mit Ihrem Mandanten weiter? Wird er nun öfter Freigang in der Stadt erhalten oder wird er in ein anderes BKH verlegt?
Der Mandant ist bereits öfter gelockert worden. Ich gehe davon aus, dass es so weiter geht, auch wenn im Hintergrund seitens der Politik versucht wird, dem Gewaltenteilungsprinzip zuwider zu handeln, in dem die Executive in die Sphäre der Judikative einzudringen versucht. 

Auf die Nachricht, dass Sie und Ihr Kollege David Mühlberger Vollzugslockerung für Ihren Mandanten im BKH erwirkt haben, richteten in sozialen Netzwerken einige Nutzer harsche Kommentare gegen Sie. "Wenn was passiert, soll es den Anwalt erwischen", heißt es da. Wie gehen Sie mit solchen Anfeindungen um?
Solche Kommentare interessieren micht nicht. Denn diese Stammen von Menschen, die zwar in einem Rechtsstaat und Sozialstaat leben, das aber nie verinnerlicht haben und auch nicht den Wert erkennen oder wissen, der von einem solchen Staat ausgeht. Hierzu gehört auch, dass die Schwächsten in einem Rechtsstaat rechtliche Unterstützung bekommen, vor allem wenn sie eine Straftat in Folge einer psychischen Erkrankung begangen haben. Es handelt sich hierbei um ein rechtsstaatliches Selbstverständnis. Willkürstaat will ich nicht, und ich bin Stolz, in diesem Staat zu leben, insofern gibt es keine zweite Meinung. Mein Kollege David Mühlberger sieht das ganz genauso.

Sie stehen regelmäßig mit kontroversen Fällen im Rampenlicht - etwa als Sie den Mörder von Rudolph Moshammer vertedigten oder zuletzt einen mutmaßlichen Salafisten, der ein Sprengstoffanschlag geplant haben soll. Was ist ihr Antrieb, gerade solche Fälle zu übernehmen? 
Ich bin Strafverteidiger mit Leib und Seele und habe mir aufgrund meiner Qualität und Leistung bundesweit einen Ruf erarbetiet, dass zahlreiche Anfragen an mich heran getragen werden. Ich suche mir die Fälle aus, vor allem rechtlich interessante und anspruchsvolle Fälle wecken meine Verteidigungsbereitschaft und mein Interesse. Daher verteidige ich natürlich auch und gerade in größeren Fällen. Mein Hauptantrieb ist: Ich will Ungerechtigkeit verhindern. Das geht nur durch eine herausragende Verteidigung, die vor allem auch Kontrollfunktion dargestellt hat, als es um die Überprüfung der Einhaltung verfassungsrechtlicher Grundsätze etc. geht. 

Interview: Christoph Urban


Quelle: https://www.idowa.de/inhalt.anwalt-zum-bkh-streit-ausnahme-muss-und-wird-die-regel-werden.3e3da5a7-aed3-4f89-bf41-