Versuchter Totschlag: Prozess: Messerattacke in Perlacher Tabledance-Bar - München - Abendzeitung München – Rechtsanwalt Dr. Adam Ahmed

John Schneider - Der Bundesgerichtshof kippte sein erstes Urteil: Der Vorfall in der Perlacher Bar wird jetzt neu verhandelt.

John Schneider - Der Bundesgerichtshof kippte sein erstes Urteil: Der Vorfall in der Perlacher Bar wird jetzt neu verhandelt
München - Im zweiten Anlauf soll es ein Urteil geben, das auch vor dem Bundesgerichtshof (BGH) Bestand hat. Erkan G. (31) ist erneut des versuchten Totschlags angeklagt worden. Er hatte am 1. November 2014 drei Kontrahenten im Streit mit dem Messer verletzt. Dafür war er ein Jahr später wegen versuchten Totschlags zu acht Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt worden. Trotzdem ist er derzeit auf freiem Fuß. Wie das?

Verteidiger Adam Ahmed hatte gleich zu Beginn des ersten Prozesses im September 2015 gerügt, dass das Schwurgericht ohne schriftlichen Geschäftsverteilungsplan gearbeitet habe. Damit sei seinem Mandanten sein Grundrecht auf einen "gesetzlichen Richter" genommen worden.

Brutaler Streit im "Red Roses"
Hintergrund der Formalie ist, dass die Richter nach dem Zufallsprinzip ausgewählt werden sollen, um Manipulationen vorzubeugen. Das funktioniert in der Praxis meist so: Der Geschäftsverteilungsplan legt Anfang jedes Jahres aufs Neue schriftlich fest, dass der eine Richter Verfahren mit gerader Endnummer des Aktenzeichens übernimmt, ein anderer die mit ungerader Nummer. Eine mündliche Absprache reicht nicht. Der BGH gab Ahmed Recht, das Urteil der ersten Instanz wurde gekippt, der mutmaßliche Messerstecher auf freien Fuß gesetzt. Am Dienstag begann der zweite Prozess damit wieder bei Null.

Ein wichtiger Unterschied: Während Erkan G. im ersten Prozess nichts zur Sache sagen wollte, erklärt er am Dienstag, dass er tatsächlich Messerstiche gesetzt habe. Der Grund: Sieben Männer hätten sich auf ihn gestürzt, da habe er das Messer gezückt und blind zugestochen.

Er entschuldigt sich bei den Opfern, strebt zudem einen Täter-Opfer-Ausgleich an. Das dürfte sich strafmildernd auswirken. Laut Anklage hatten der Maschinen- und Anlagenführer und ein Begleiter spätnachts in der Altperlacher Tabledance-Bar "Red Roses" mit einer Gruppe Männer Streit bekommen. Weshalb ist weiterhin unklar. Ein Video zeigt, dass sich der zunächst verbal ausgefochtene Streit bald zu einem wilden Gerangel entwickelte. Erkan G. soll einen Kopfstoß und eine Watschn ausgeteilt haben, sein Klappmesser gezückt und auf seine Widersacher eingestochen haben. Die drei bluteten stark, schlugen aber weiter auf Erkan G.s Begleiter ein. Erst dem Barkeeper gelang es, die Schlägerei zu beenden.

Ein Opfer verweigerte auf Anraten seines Anwalts Thomas Pfister teilweise die Aussage, um sich nicht selbst zu belasten. Der 37-Jährige hatte vier Messerstiche abbekommen, musste vier Tage ins Krankenhaus. Zunächst habe er danach unter Angstzuständen gelitten. Das sei überwunden. Geblieben sind ihm die Narben. Erkan G. spricht ihn nach der Aussage persönlich an, bittet den 37-Jährigen um Entschuldigung. Sein Opfer scheint tatsächlich versöhnt zu sein: "Ich nehme die Entschuldigung an."

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Rechtsanwalt für Strafrecht Dr. Adam Ahmed München 


Dienstag, den 21. November 2017
Foto: Vor dem ersten Prozess: Erkan G. (r.) mit Anwalt Adam Ahmed. Foto: AZ